Am 21. Dezember 2020 war es soweit: Der erste Covid-19-Impfstoff wurde von der Europäischen Kommission zugelassen. COMINARTY ist das Vakzin, das von der Mainzer Firma BioNTech in Zusammenarbeit mit Pfizer entwickelt wurde. Nicht mal ein Jahr vorher, Mitte Januar 2020, startete Uğur Şahin, Mediziner und Vorstandsvorsitzender von BioNTech, das Projekt Lightspeed. Sein erklärtes Ziel war es so schnell wie möglich einen Impfstoff gegen SARS-CoV-2 zu entwickeln. Und ganz intuitiv nutzte er dafür die Effectuation-Prinzipien Umstände und Zufälle, Mittelorientierung, Partnerschaften und leistbarer Verlust.
Umstände und Zufälle
Während Mitte Januar Wuhan in den Lockdown ging und für die meisten Europäer Covid-19 noch weit weg war, sah Şahin eine große Chance mit seiner Biotechnologie nicht wie geplant ein Krebsmedikament, sondern einen Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus zu entwickeln. Er nutzte den Zufall.
Mittelorientierung
Alle Kompetenzen und technischen Ressourcen für die Entwicklung eines Impfstoffs waren bei BioNTech vorhanden. Sie mussten nur andere Themen zurückstellen. Das Unternehmen konnte also sofort anfangen.
Partnerschaften, 1. Teil
Nach der Entscheidung einen Impfstoff zu entwickeln, suchte Şahin Freiwillige bei seinen Mitarbeitenden. Es meldeten sich mehr als genug, um mit einem hoch motivierten Team an den Start zu gehen.
Leistbarer Verlust
Normalerweise werden Impfstoffe erst im Labor ausführlich getestet, dann wird von dem aussichtsreichsten Kandidaten genug für die klinische Erprobung der Phase I produziert. Anschließend wird das Mittel getestet, und wenn es nicht wirkungsvoll ist, der nächste Kandidat produziert und getestet. Şahin wollte so schnell wie möglich sein. Es war für ihn ein leistbarer Einsatz noch während der Laborstudien ausreichend Impfstoff von 20 (!) Kandidaten zu produzieren, wohlwissend, dass das meiste davon im Müll landen würde. Vier der Kandidaten gingen dann in die klinische Phase I, zwei begannen sogar die dritte Phase. Erst dort zeigte sich dann die Überlegenheit des heute verwendeten Impfstoffs.
Partnerschaften, zweiter Teil
Eine schnelle Impfung von vielen Menschen benötigt mehr als einen wirkungsvollen Impfstoff. Die Organisation der klinischen Phasen mit über 40.000 Probanden ist allein schon eine Herausforderung, die Zusammenarbeit mit den Genehmigungsbehörden eine andere und die Logistik für einen Impfstoff, der bei -70° tiefgekühlt transportiert werden muss, eine weitere.
Şahin fand für alle Themen Partner, das Paul-Ehrlich-Institut in Deutschland, Pfizer mit guten Verbindungen zur US-Zulassungsbehörde und einer großen Expertise in der Durchführung von klinischen Studien und Logistik, auch in China gewannen er mit Fosun Pharmaceuticals einen Partner. Pfizer begann übrigens die Zusammenarbeit mit einem großen Forschungsteam, bevor es einen verhandelten und unterschriebenen Vertrag gab. So groß war das Vertrauen in die Zusammenarbeit auf beiden Seiten.Die Partnerschaften mit den anderen Unternehmen und den Zulassungsbehörden brachten weitere Mittel in den Prozess, so gab es mehr Möglichkeiten und die Geschwindigkeit der Entwicklung war weiter enorm hoch.
Die Geschichte von BioNTech und COMIRNATY ist wieder ein Beleg dafür, dass Effectuation Innovation und Geschwindigkeit befördert. Und das gilt für jede Situation, in der man Neues in die Welt bringen will.
Dr. Eric Heinen-Konschak, Dipl.-Physiker, besitzt über 20 Jahre Erfahrung in der IT und als Führungskraft. Er ist tätig als IT-Berater und Coach und leitet hauptberuflich seit 2006 die IT-Abteilung der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Davor war er elf Jahre im Lufthansa Konzern in verschiedenen IT-Funktionen tätig. Er ist erfahrener Praktiker mit den Schwerpunkten IT-Projektmanagement, Prozessoptimierung und der Optimierung der Schnittstelle zwischen IT und Fachseite. Ihn interessiert besonders, wie Führungskräfte in hierarchischen Unternehmen agieren können, um erfolgreich die Digitalisierung voranzubringen und erfolgreiche IT-Projekte zu ermöglichen. Eric Heinen-Konschak promovierte in Physik in Mainz. Zusatzausbildungen hat er als systemischer Coach, in systemischer Beratung und in Effectuation.
Quelle: Alle Information stammen aus dem Artikel Projekt „Lightspeed“ – so lief die Suche nach BioNTechs Impfstoff, Online Manager Magazin, 09.11.2020