Gastbeitrag von Florian Sobetzko – Das Bistum Aachen zählt unter den deutschen Bistümern zu den innovationsfreundlichsten Arbeitgebern für SeelsorgerInnen. Gemeindegründung mit Tools wie Effectuation, Businessplanung und Unternehmens- bzw. Pastoralmodellentwicklung mit dem Business Model Canvas sind hier schon Standardprogramm in der Aus- und Fortbildung von SeelsorgerInnen. Mit diesen Tools arbeiten wir an den großen Herausforderungen für das Thema Kirche.
Zu den großen Herausforderungslagen des deutschsprachigen Katholizismus gehört insbesondere die Entwicklung neuer Sozialformen und Vollzugsgestalten des Kircheseins. Mit dem allmählichen Verschwinden familiaristischer Gemeindekonzeptionen (one size fits all) lässt sich im internationalen und interkonfessionellen Umfeld das Entstehen neuer Gemeindeformen und -formate beobachten, die sich insbesondere an besondere Zielgruppen bzw. Lebensstile wenden, etwa Jugendliche, Alleinerziehende, Männer, Skater, Heavy Metal Fans, Experimentalisten, Jazzfans. Neue pastorale Orte konfigurieren sich und reichen von der Bürokirche oder Hauskirche im früheren Kinderhort über Pubchurch oder Outdoorkirche für Mountainbiker bis hin zu virtuellen Gemeindegründungen im Web 2.0.
Gemeinsam haben diese Projekte regelmäßig, dass sie das Christsein nicht in Versorgungslogiken institutioneller Hintergrunderfüllung verstehen (vgl. E-Werk, Wasserwerk), sondern als co-kreativen Prozess, der das Bedürfnis- und Lösungswissen lokaler Akteure in den Mittelpunkt stellt. Und wie bei den Entrepreneuren stellt man auch bei erfolgreichen Ekklesiopreneuren (Kunstwort aus griech. Ekklesia und Entrepreneur) fest, dass sie scheinbar intuitiv effektuativ arbeiten.
In 2014 war es uns möglich, in einer inspirierenden Session mit Dr. René Mauer die TeilnehmerInnen des “2. Aachener Gründertrainings für Seelsorger“ in die Grundlagen von Effectuation einzuführen, die AbsolventInnen des insgesamt 9tägigen Kurses über Gemeindegründung haben – sofern noch in der Berufseinführung – nunmehr die Wahlmöglichkeit, ihre Abschlussarbeit über eine Projektentwicklung nach Effectuation-Prinzipien zu schreiben.
In Zusammenarbeit mit dem Zentrum für angewandte Pastoralforschung der Ruhr Universität Bochum ist für 2015/16 die Erstellung eines “Gründerhandbuches für SeelsorgerInnen“ geplant, in dessen operativem Mittelpunkt das komplementäre Instrumentarium aus kausallogischer Businessplanung und unternehmerischer Effectuation-Logik stehen soll.